Warum ein kirchlicher Friedhof? "Der Evangelische Friedhof Rheydt ist die Stätte, auf der die Gemeinde ihre Toten zur letzten Ruhe bettet. Er ist mit seinen Gräbern ein sichtbares Zeichen dafür, dass der Mensch vergeht und verwest. Aber er ist auch der Ort, an dem die Botschaft verkündigt wird, dass Christus dem Tode die Macht genommen und das Leben und unvergängliches Wesen ans Licht gebracht hat. Aus dieser Erkenntnis erhalten Arbeit und Gestaltung auf dem Evangelischen Friedhof Richtung und Weisung."
Dieses Zitat aus der Friedhofsordnung spricht an, worum es geht. Ein Friedhof ist sicher auch für Christen ein Ort der Trauer, an dem oft unter großen Schmerzen Abschied genommen wird von einem verstorbenen Menschen. Dennoch darf der "Gottesacker", wie man früher sagte, auch ein Ort der Hoffnung und der freudigen Erwartung sein. Sie richten sich auf das, was Gott am Ende der Zeit für alle seine Kinder bereithält. Es ist darum bezeichnend, dass die Evangelische Gemeinde Rheydt von alters her neben den Trauergottesdiensten immer auch besondere Gottesdienste auf dem Friedhof gefeiert hat – am Ostermorgen und am Ewigkeitssonntag. Damit wird der Friedhof zu einem Ort des Bekenntnisses zu dem Gott, "der die Toten lebendig macht und ruft das, was nicht ist, dass es sei" (Römer 4, 17).
Die Friedhofskapelle und das Verwaltungsgebäude an der Nordstraße
Auf dem im frühen 19. Jahrhundert angelegten und im weiteren Verlauf mehrfach erweiterten Gelände des evangelischen Friedhofs. Hier liegt die Friedhofskapelle, die mit ihrem Turmgeviert zentral auf die Hauptachse ausgerichtet ist, auf dem jüngsten, zur Nordstraße gerichteten Teilabschnitt. Der Gebäudekomplex der Totenhalle ist als winkelförmig gegliederte Anlage mit Nebengebäuden als gestalterisch geschlossenes Ensemble konzipiert und durchformuliert. Zentrum der kleinen Anlage ist der langgestreckte Kapellenbau, der östlich in den Zellentrakt mit 5 Sargkammern übergeht. Die Kapelle oder Totenhalle präsentiert sich als bodenständig wirkender Putzbau mit weit herabgezogenem Satteldach und massivem Turmgeviert an der westlichen Eingangsfront. Als Gliederungs- und Strukturierungselemente der Wandflächen sind durchgängig Natursteinverblendungen eingesetzt. So sind die Fenster aller Fassaden durch aufwendige Sandsteinrahmungen betont; analog ausgebildet sind die massiven Kantenstrukturen an allen Ecken sowie die umlaufenden Sockel. Als Hauptfassade ausgebildet ist die Eingangsfront mit dem vorgelagerten Turm, den ein weit vorkragendes Zeltdach überragt. Ein breites, natursteingerahmtes Portal erschließt mittig das Gebäude mit einem Vorraum, der als Erinnerung an die Toten des 1. Weltkrieges auf beiden Längsseiten Sandsteintafeln mit den Namen 713 Gefallener trägt.
Der evangelische Friedhof Rheydt liegt nordöstlich des historischen Kerns der ehemals selbständigen Stadt Rheydt. Er nimmt, bis auf die Zeilenbebauung entlang der Gartenstraße, die gesamte Fläche zwischen Nord-, Pötter- und Friedhofstraße ein. Der Friedhof wurde seit 1822 in mehreren, nicht immer genau zu datierenden Phasen als Zentralfriedhof für die zahlenmäßig stark anwachsende evangelische Gemeinde in Rheydt als Nachfolgeeinrichtung für den aufgegebenen Begräbnisplatz auf dem Kirchhof neben der alten Hauptkirche am Marktplatz angelegt. Entlang der Friedhofstraße wird er durch eine hohe, von Lisenen gegliederte Ziegelsteinmauer eingefriedet. Die Mauer entlang der Pötterstraße ist verputzt. Die Begrenzung zur Nordstraße übernimmt eine im Zusammenhang mit dem Bau der Friedhofskapelle von 1928 erstellte, partiell verputzte Natursteinmauer. Das an der Kapelle verwendete Baumaterial (Anröchter Grünsandstein) findet sich auch an dieser Begrenzungsmauer wieder. Zugänge zum Friedhof sind über die Friedhofstraße (alter Zugang) und Nordstraße (neuer Zugang) möglich: Die um die Wende vom 19. zum 20. Jh. angelegte und durch ihre architektonische Gestaltung hervorgehobene Toranlage an der Friedhofstraße demonstriert das Selbstbewusstsein und den Repräsentationswillen der evangelischen Gemeinde Rheydt. Die Toranlage besteht aus einer rundbogigen, von zwei Torflügeln geschlossenen und mittig angeordneten Durchfahrt mit seitlich angefügten separaten Fußgängerdurchgängen. Erbaut wurde sie aus mächtigen Quadern eines bräunlichen Sandsteins (evtl. Ruhrsandstein) über Basaltlavasockeln. Zwei die Durchfahrt flankierende und rechtwinklig vorgezogene Mauervorsprünge mit gedrungenen Vierpaßsäulenstellung über hohen, mehrfach profilierten Basen und flachen, von Weinblättern umkränzten Kapitellen tragen das von einer imposanten Dachkonstruktion mit profiliertem Ortgang gebildete Dreiecksdach. Oberhalb der Kapitelle sind reliefierte Putten dargestellt, die sich auf einen Zinnenkranz abstützen. Über dem Torbogen steht die Inschrift: <DEINE TOTEN WERDEN LEBEN>. Seitlich der Tordurchfahrt erlauben zwei angefügte niedrigere "Anbauten" unter Walmdach den Zugang für Fußgänger. Geschlossen werden die Zugänge durch eiserne Tor- und Türflügel aus Walzblech. Alle Dächer sind mit Biberschwanz-Ziegeln eingedeckt. Nach Westen an die Toranlage angefügt liegt die 1869 erbaute "Halle für Grabreden", die heute infolge einer betrieblichen Neuorganisation umgenutzt ist und neue Funktionen aufgenommen hat. Auf der Nordseite der Friedhofsanlage korrespondiert mit der alten repräsentativen Toranlage an der Friedhofstraße ein sehr schlicht gestalteter Eingang von der Nordstraße her. Am nördlichen Ende der Haupterschließungsachse gelegen und gestalterisch auf den Gebäudekomplex der Friedhofskapelle mit angrenzenden Büros und Leichenhalle von 1928 bezogen, ist er nur als Öffnung in der Begrenzungsmauer ausgebildet. Ein durchgängig einheitlicher und geschlossener Grundriss der Gesamtanlage des Friedhofs ist aufgrund seiner Entstehungsgeschichte nicht zu erkennen. Die räumliche Strukturierung ist vielmehr geprägt durch die verschiedenen, jeweils in sich symmetrisch gegliederten Erweiterungsflächen mit ihren jeweiligen Einfriedungsmauern, die heute zum Teil durch Hecken ersetzt sind, und durch Alleen. Generell ist festzustellen, dass der größere südöstliche Bereich in seiner geometrischen Gliederung mit zentraler Hauptachse und rechtwinklig angeordneten Nebenachsen sowie der heute nicht mehr konsequent durchgehaltenen, ehemals symmetrischen Verteilung der Einzelflächen den Ordnungs- und Gestaltungskriterien des 19./ 20. Jh. entspricht. Geringfügige Veränderungen der inneren Struktur sind jedoch aufgrund der systematischen Wiederbelegung, durch die Aufgabe der großen Familiengrabstätten und ihrer Umwandlung in Wahlgräber, festzustellen. Analog bieten die Grabsteine dieses ältesten Bereichs ein in sich heterogenes Bild. Es lassen sich keine einheitlichen Stilmerkmale ausmachen, da neben denen der frühen Zeit überwiegend zeitgenössische Grabdenkmäler das Erscheinungsbild prägen. Die wenigen großen Erbbegräbnisse - dies gilt auch für die ältesten, an der inneren Umfassungsmauer angelegten Grabstätten - sind durchweg von guter Qualität. Formalgestalterisch setzt sich die westliche Erweiterungsfläche an der Gartenstraße deutlich ab. In der Form eines Wegekreuzes mit zwei sich rechtwinklig kreuzenden Wegeachsen, die die Fläche in vier gleich große, an den Enden abgerundete Viertel teilen, werden ältere Gestaltungskriterien wieder aufgegriffen. Eine kleiner dimensionierte Variante schließt sich nach Norden an. Die Belegungsfläche zur Nordstraße ist sehr viel jüngeren Datums, sie stammt aus der Nachkriegszeit und lässt kein konsequentes Ordnungsprinzip erkennen. Eine räumliche Zusammenfassung der einzelnen Flächen der Friedhofsanlage wird dennoch durch Pflanzungen - vor allem Hecken - und die miteinander verbundenen Wegeführungen erreicht. Die diversen Erweiterungen mit ihren jeweiligen Begrenzungsmauern verunklären allerdings leicht das Erscheinungsbild der Gesamtanlage.
Der evangelische Friedhof Nordstraße ist aus ortshistorischen, sozialhistorischen und kunsthistorischen sowohl in seiner grundlegenden Anlage einschließlich der Haupterschließungsachsen, Wegeführungen, Einfriedungsmauern und Toranlagen an der Friedhofstraße und Nordstraße als auch der in der Anlage genannten und einzeln beschriebenen Grabstätten und Grabdenkmäler als herausragendes Baudenkmal unbedingt schützenswert.
(Zitat Denkmalbehörde)